13. 2. – 12. 3. 2016 Heesun Kim – Das verlassene Werk. Malerei

13. 2. – 12. 3. 2016 Heesun Kim – Das verlassene Werk. Malerei

Eröffnung: Samstag, 13. Februar 2016 um 19 Uhr

1.Rekonstruktion ÔÇ×Concetto spazialeÔÇ£

Rekonstruktion „Concetto spaziale“ (Nach Lucio Fontana) Öl auf Leinwand 200 x 200 cm

Der legendäre Text von Walter Benjamin über das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit von 1935 beginnt nach dem Vorwort mit der Feststellung, das Kunstwerk sei „grundsätzlich immer reproduzierbar gewesen“, nicht aber seine Echtheit, wie er ganz am Ende erst, in den Anmerkungen, relativiert. – In einem anderen Text (Einbahnstraße) beschreibt Benjamin ein Phänomen, das er „die blaue Ferne“ nennt, „die da keiner Nähe weicht“ und im Herantreten „nur verschlossener und drohender sich aufbaut: die gemalte Ferne der Kulisse“. Genau solche kulissenhaft abgeschlossenen Bilder malt die aus Südkorea stammende Künstlerin Heesun Kim, indem sie die „Handlung“ aus ihnen entfernt.
Seit sie die europäische Kunst kennenlernt, scheinen ihr die Bilder überlastet zu sein – oder auch zu hermetisch. Daher kopiert sie Gemälde, in denen die Hauptsache fehlt: bei Munch etwa das frierende Mädchen auf der Bettkante; bei Franz Marc die berühmten Pferde; das Bildnis Christi auf dem Tuch der Veronika (Zurbarán); ein Mondrian wird auf je eine vertikale und horizontale Linie reduziert oder bei einem Fontana bleiben nur das erste und letzte Loch der durchstoßenen Leinwand. In diesem Fall ist die Reduktion gar vom Künstler legitimiert, seit er erklärt hat, dass statt der hundert Löcher eigentlich auch eines reichen könnte. Heesun Kim bringt die Bilder womöglich auf ihren eigentlichen Kern zurück, dem der geheimnisvollen „blauen Ferne“, wie in einem Innehalten, bevor etwas in ihnen geschieht, das Ungewollte womöglich.
Die Künstlerin selbst hat den Entstehungsprozess ihrer eigenwilligen Arbeit ausführlich erklärt, beginnend mit dem Kunststudium in Korea, bei dem die Bewertungsgrundlage darin bestand, möglichst perfekt zu kopieren. Wie sie dies zu eigener Kreativität gewandelt hat, ist wohl das Erstaunlichste an ihrem aktuellen Werk. Und sie hat diesen Prozess im Rahmen ihrer Diplomarbeit so sachlich und inspirierend durchleuchtet, dass es fast nichts zu ergänzen gibt (ihren schönen und klugen Text gibt es als Begleitheft zur Ausstellung mit dem trefflichen Titel Absenz als Präsenz). Nur eine Referenz möchte ich anschließen:
Unter den denkwürdigen Miniaturen, die Jorge Luis Borges in den 1940er Jahren publiziert hat, findet sich eine raffinierte (fiktionale) Rezension des ‚Quijote’ eines gewissen Pierre Menard. Dabei handelt es sich zwar um eine getreue Abschrift des berühmten Romans, aber nach der Ansicht des Rezensenten zugleich um das eigentlich authentische Werk, da dem Autor mit ihm gelang „der Vergeblichkeit, die aller Bemühungen des Menschen harrt, zuvorzukommen“. Ganz in diesem Sinn scheint die Künstlerin vor allem darum bemüht, uns zum richtigen Hinsehen zu bewegen, sobald wir nicht mehr merken, was dem Bild vor uns eigentlich „fehlt“.

Ralf Bartholomäus

2.Rekonstruktion ÔÇ×Composition with blue, yellow, black and redÔÇ£

Composition with blue, yellow, black and red“ (Nach Piet Mondrian) Öl auf Leinwand 53 x 54 cm

3.Rekonstruktion ÔÇ×Puberta¦êtÔÇ£

Rekonstruktion „Pubertät“ (Nach Edvard Munch) Öl auf Leinwand 150 x 110 cm