Wahlfach Heimatkunde.
Zur Ausstellung WILDWUCHS 2021
In der Begegnung mit Nele Probst kann man nie sicher sein, ob sie die Dinge zu sehr oder überhaupt nicht ernst nimmt. Es gibt Stimmungen in ihren Bildern, bei denen man sich fröstelnd und zugleich veralbert fühlt. Sie verknüpft in ihrer Arbeit scheinbar beliebige Gegenstände, die ihr einfach alle authentisch, also gleichwertig erscheinen. Mit ihnen erschafft sie Objekte, die ganz sicher lebendig werden könnten, wenn sie nur wollten. Was dann geschehen würde, ahnt wohl nicht einmal die Künstlerin selbst.
Für diese Haltung gibt es das Wort nonchalant, das nicht so recht treffend übersetzt wird, wenn wir es zwanglos oder ungeniert nennen, denn es hat im Französischen auch etwas Elegantes an sich. Und genau das wieder scheint Nele Probst unbedingt vermeiden zu wollen. Manchmal sehen die Arbeiten aus, als sei ihr beim Saubermachen etwas danebengegangen (wohlgemerkt: so hat Kurt Schwitters die Collage als seriöses Genre entdeckt).
Bei allen Bezügen, Kombinationen, Verknüpfungen, die wir etwas prätentiös als „hübsch verrutscht“ einordnen können, scheint mir so etwas wie „Heimatkunde“ als Thema vorzuherrschen, aber eher in einem Sinn, der überhaupt erst erforscht, was denn so los ist, in der Heimat: die Gießkanne vielleicht im Garten, die Leute, die als Vierbeiner unterwegs sind… es ist stets schwierig, sich da zurechtzufinden.
Ihre an Ding-Wesen aus Erzählungen von Kafka und Borges erinnernden Skulpturen korrespondieren ganz eigensinnig mit den reglos abgeschirmten Bildrahmen der Gemälde, hinter denen etwas verborgen, aber auch geschützt sein könnte. Genau wie sie die unscheinbaren Dinge besonders mag, bleibt auch hier das Wesentliche im Hintergrund.
Zur ihrer „Heimatkunde“ passen die Wege, die nirgends hinführen, Mauern oder Tore, hinter denen sich nichts befindet als vielleicht die Ahnung einer Zuflucht, die auch irritierend sein kann, vor offenen Gittern, das uns auffordern, endlich mal nachzusehen, was hinter den Kulissen stecken könnte. Eine Spur des Ewigen vielleicht, nie gesehen und doch überall bereit zu bleiben, wenn wir in Dunkel und Schweigen uns bewähren müssen. (Ralf Bartholomäus)
Nele Probst studierte visuelle Kommunikation und Graphik-Design an der FH in Mannheim und arbeitet seit 1993 in Berlin als freie Künstlerin in den Bereichen Malerei, Bildhauerei und Installation. Neben ihrer eigenen Ausstellungstätigkeit arbeitet sie seit 2003 mit Kindern und Jugendlichen an verschiedenen Schulen, leitet Workshops, z. B. im Haus der Poesie oder der Jugendkunstschule Atrium.